Texas



Es ist immer schön mit Vorurteilen aufzuräumen 

28.8.24

Julian :

- Wir haben mittlerweile auf unseren Reisen schon häufiger festgestellt, dass sich unsere Vorstellungen vor dem Besuch nicht immer mit der Wirklichkeit decken - meistens wurden wir positiv überrascht. Für mich ist Texas da keine Ausnahme. Das waren meine Erwartungen:

- Jeder trägt mindestens eine Waffe in der Öffentlichkeit 

- Die Leute sind sehr auf ihr Recht bedacht, von fremdem Eigentum wird man mit der Schrotflinte verjagt

- das dies ein "Trump State", also republikanisch geprägt ist, gibt es hier überwiegend ultrakonservative Menschen. 

Als wir in Austin am Flughafen ankamen, wurde zumindest eine Sache klar: hier wird Musik groß geschrieben. Überall musikthematische Skulpturen und Live Konzerte, sogar in der Flughafen-Lobby 

Außerdem sind die Menschen hier super freundlich und zuvorkommend! Man hat uns von Anfang an nett gegrüßt, gefragt woher wir kommen und uns eine gute Reise gewünscht. Und eine Sache, die sich die Deutschen mal anschauen könnten: die Busfahrer lassen jeden, der nicht oder nicht passend zahlen kann, umsonst mitfahren. Zwar würde das Tagesticket umgerechnet eh nur 2,80 Euro (und das 2-Jahrestickst nur 10€) kosten, aber nett ist es allemal!

Ich war auch echt überrascht über die sehr grosse Queer-Szene, die es hier in Austin gibt, viele Aktionen und Festivals feiern die Vielfalt. Unsere erste Unterkunft war gleich in einem queeren Viertel bei Tanja und ihrer Frau Robbie, die uns zusammen mit ihren sechs Haustieren superherzlich aufgenommen haben. 

Unsere beiden Abende hier haben wir auch recht texanisch verbracht. Einmal mit Skeeball, eigentlich ein Jahrmarktspiel, das hier aber anscheinend wettbewerbsorientiert gespielt wird. Caro und ich wurden sogar für ein Team in der Skeeball-Liga angeworben, anscheinend haben wir uns nicht allzu blöd angestellt 🙂
Highscore: 360 von 900 🤩
Highscore: 360 von 900 🤩
Den zweiten Abend gings dann in eine Livemusik-Kneipe, das "White Horse". Countryband und volle Tanzfläche, wie im Film! Allerdings gab's keinen Linedance, sondern Two Step, sehr ähnlich zum Diskofox. Eine Band hatte sogar einen Pedal Steel Guitar Spieler dabei, auf dem Instrument möchte ich unbedingt noch eine Probestunde nehmen.

Wir haben die Musik genossen und nebenbei Menschen beobachtet, was an sich schon ein großer Spaß war. Eine Dame telefonierte draußen mit ihrer Freundin: "Ich hab alles gemacht, mich schick angezogen, mir an der Bar einen Vodka bestellt... Aber immer noch will keiner mit mir tanzen!" Zeitgleich scharte sich  ein Wolfsrudel von acht Männern um zwei aufreizend gekleidete Damen mit weißen Cowboyhüten und hohen Stiefeln, einer zuvorkommender als der nächste. Vielleicht hätte sich die andere Dame einen Cowboyhut kaufen sollen, dann hätte sie sich vor Männern nicht retten können! 

Eine weitere Nettigkeit aus Texas: als ich an der Bar "nur" Cola bestellt habe, hat es nur zwei Dollar je Glas gekostet. Als ich dann beim zweiten Mal drei Gläser bestellt habe, hat er abgewunken und mir die Getränke umsonst gegeben. Vielleicht hatte er Mitleid mit mir, weil ich nix trinken darf...

Und das war auch schon unsere Zeit in Austin, mittlerweile sind wir schon nach Dallas weitergezogen. Heute Abend geht es auf die State Fair, inklusive Rodeo. Aber davon wird euch dann Caro ausführlichst berichten, da bin ich mir sicher! 


The most Texan place on earth!

1.10.24

Caro

Yieehaa, hey y'all! Wir sind mittlerweile in den beiden direkt beieinander liegenden Städten Dallas und dem alten Viehmarktort Fort Worth angekommen. Tolle Städte, in denen man es sehr sehr gut aushalten kann. Dallas hat uns mit einer schicken Innenstadt, glitzernden Hochhäusern, unglaublichem Sonnenuntergangslicht und tollen Parks überrascht, Fort Worth ist sehr schön und beschaulich und hält sein Cowboy-Image hoch. Und es ist heiß: 33 Grad jeden Tag. So ein Cowboyhut käme jetzt handy.

Untergekommen sind wir bei einer netten Familie in einem Vorort von Fort Worth, leider gibts hier keine Öffis, wir lassen uns von Uber überall hin chauffieren-aber das Haus ist einfach toll! 

 

Ein absolutes Highlight: die Texan State Fair und Rodeo - the most texan place on earth. Das ist wie ein riesiges Volksfest mit Essen, Fahrgeschäften, Schieß-und Schmeißbuden - alles in überdimensional versteht sich. An den Fressbuden gabs so kulinarische Highlights wie corndogs, Mais, riesige saure Essiggurken und blanke Turkeybeine zum abnagen.

Aber das beste ist der andere Teil, auf dem Musikbühnen, Autoshow, eine Farm mit vielen Tieren und Streichelzoo und natürlich das große Rodeo sind. Wir haben gelernt, da machen Profis mit und auch Farmarbeiter, die etwas Ruhm wollen ;) Die Disziplinen, in denen sich gemessen wird, sind: Auf wilden Pferden reiten mit und ohne Sattel, kleine Stiere fangen mit Lasso und mit bloßen Händen, Hindernisreiten (für die Cowgirls) und natürlich Bullenreiten. Als Preis für die besten einer Kategorie in einer ganzen Saison winkt ein Trophäensattel. Offensichtlich ein Ding, das jeder Cowboy haben will! Allein die Atmosphäre und die Leute in dem Stadion waren schon herrlich. Stiefel, Jeans und Cowboyhüte überall. Wir hatten uns in einem Thriftstore auch extra ein bisschen angepasst. Vor dem Rodeo kamen ganz pathetisch Cowgirls mit texanischen und amerikanischen Flaggen reingeritten und es wurde laut die Hymne gegrölt. 

Am beeindruckendsten fand ich ja die Reiter, die in der Arena waren um eingreifen zu können, falls was schief geht oder Pferde und Bullen durchgehen, was des öfteren der Fall war. Scheinbar mühelos haben die ihre Lassos benutzt und die Stiere wieder eingefangen und aus der Arena geschleift. Das ist also kein Showtrick, das funktioniert wirklich wunderbar. Irgendwie faszinierend!

Ein kleiner Eindruck, von uns live mitgefilmt:

In Fort Worth werden in Anlehnung an die Tradition immer noch zweimal täglich die Big Horns durch die Straßen zum Viehmarkt - den Stockyards - getrieben. War ein herrliches Bild, wie sie da so langgetrottet sind. Wir haben uns dem Tempo angepasst und sind auch ein wenig durch die Straßen getrottet. ( Zur Richtigstellung: das sieht vielleicht aus, wie wenn wir faulenzen, aber in Wirklichkeit sind wir da gerade unverzichtbare Förderer und Unterstützer der Erhaltung des amerikanischen Wild-West-Erbes und der indigenen Kultur. Irgendwer muss das ja auch machen;) )

Nach Feierabend gings dann in eine Honky Tonk Bar. Dort haben wir bei two shuffle dance-lessons mitgemacht - der Tanz für die Country-Musik. Toller Tanz für die steife deutsche Hüfte - das tanzt man wie ein Cowboy, der den ganzen Tag geritten ist und dann vom Pferd steigt, ein paar Schritte tut und seine lady rumwirbelt. Hat richtig Spaß gemacht! 
Danach gabs standesgemäß Steak. Schön medium pink, lecker! Das ganze fast-food und Burger-Gegesse hat unserer Figur nicht gerade geschmeichelt, deshalb ist ab jetzt wieder Kohlenhydrat-freier Abend angesagt. 


Mein neues Lieblingsinstrument!

3.10.24

Julian:


- Eigentlich vergehen ja immer ein paar Tage zwischen unseren Blogeinträgen, aber ich hatte gestern so ein schönes Erlebnis, das muss ich jetzt gleich festhalten, solange die Erinnerung noch frisch ist!

Vorgeschichte dazu: Als mir Caro im Vorfeld der Reise erzählt hat, dass sie gerne nach Texas will, hab ich mir Gedanken gemacht, was ich hier machen will. Das Ergebnis: Ich möchte gerne eine Stunde bei einem "Pedal Steel Guitar" Lehrer nehmen. Die Pedal Steel ist ein sehr spannendes Instrument, das überwiegend in der Countrymusik verwendet wird, das man lustigerweise auf mit hawaiianischer Musik assoziiert, weil es auch in dieser Musik viel verwendet wird. Und mit seiner Ähnlichkeit zur Zither hat das Instrument einen besonderen Reiz für mich.

Meine Aufgabe war also klar: einen Lehrer finden. Was aber gar nicht so leicht ist, denn ähnlich wie die Zither scheint das Instrument vom Aussterben bedroht. Es gibt nur noch eine Handvoll Leute, die es spielen und die touren gerade mit einer Band durch die Lande. Eine Woche lang habe ich Foren durchsucht und Leute befragt, ohne Ergebnis. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben und beschlossen, zumindest die Zeit hier in Texas als solche weiter zu genießen.

Als wir aber vor ein paar Tagen in der Innenstadt unterwegs waren, sprach uns ein Mann an. Er sagte, er wäre ein "Fort Worth Ambassador", das sei eine Gruppe Menschen, die in der Stadt unterwegs ist, um Menschen, insbesondere Touristen, mit ihrem Wissen über die Stadt behilflich zu sein. Gemeint ist damit natürlich sowas wie "wo kann man hier gut essen" und "wo steht die Statue vom Kennedy-Attentat".  Ich hab ihn aber, mehr aus Gewohnheit, auch gefragt ob es hier Pedal Steel Lehrer gibt. Daraufhin hat er mir seine Nummer gegeben und gemeint, er bringt das für mich in Erfahrung. Hat mir dann alle drei Stunden ein Update über den Fortschritt seiner Ermittlungen gegeben - bis er dann am nächsten Tag mittags eine Adresse für mich hatte. Ich rufe dort an - und habe für nächsten Tag einen Termin zur Musikstunde! Voll geil!

Gestern also, um drei Uhr nachmittags, treffe ich Steve: 

Wie man Steve vielleicht ansieht, spielt er nicht erst seit gestern. Er hat viele Jahre selbst gespielt, ist nun aber zu alt für das Bühnen-Biz und gibt nur noch hie und da Unterricht. Ich nahm also an dem roten Instrument gegenüber von Steve Platz und dann gings los.

Warnung: Der folgende Absatz ist eher für Musiknerds interessant, wer nichts über das Instrument an sich lesen will einfach zum nächsten Absatz springen :)

Ich glaubte ja schon einiges über das Instrument zu wissen, was aber alles ein wenig relativiert wurde. Man spielt zum Beispiel mit drei Ringen an der rechten Hand, nicht, wie bei der Zither, nur mit einem Daumenring :

Das Instrument hat zwar zwei Saitenreihen, diese sind aber unterschiedlich gestimmt und man spielt nur auf einer. Die eine Reihe wird in der Countrymusik verwendet, die andere für Hawaiimusik und Jazz. Wir haben auf der Countryseite gespielt.

Die Saiten sind an sich in aufsteigenden Dreiklängen gestimmt, wenn man die Saiten also leer zupft, ergibt das einen E-Dur Akkord. Mit der "Tonebar", einen schweren Eisenzylinder in der linken Hand, verschiebt man dann die Tonreihe und kreiert so Durakkorde auf anderen Stufen. 

Jetzt kommt das "Pedal" in "Pedal Steel": unter dem linken Fuß hat man Pedale, mit denen man bestimmte Saiten um einen Halbton verstimmen kann und damit beispielsweise aus einem Dur- einen Mollakkord machen kann - ganz ähnlich wie bei einer Harfe. Und der für mich witzigste Kniff an diesem Instrument ist, dass man auch mit dem rechten Bein ein Pedal bedient - allerdings ist das auf der Unterseite des Instruments angebracht und man drückt es mit dem Knie, nicht mit dem Fuß. 

Dank meiner Vorbildung auf der Zither bin ich schnell vorangekommen und konnte am Ende der Stunde sogar schon meinen ersten Song begleiten - was riesigen Spaß gemacht hat! Ich hab aber dann nochmal den Meister gebeten, mir eine Kostprobe seines Könnens zu geben: 

Tatsächlich hat mir die Stunde so viel Spaß gemacht, dass ich ernsthaft überlege mir selber eine Pedal Steel zu kaufen! Falls jemand von euch eine hat, gerne Bescheid geben ;)


"Einsamer Cowboy, reitet weit weit von zu Haus..."

8.10.24

 

Unserer innerer Schweinehirte hat uns nun über San ANTONIO nach BANDERA geführt (kein Scherz), das auch die "Cowboyhauptstadt der Welt" genamnt wird. Hier, auf der Dixie Dude Ranch, erleben wir, was es heisst, den Wilden Westen zu zähmen. 
  

Los gings gestern gleich mit einem Ausritt durch das texanische Hill Country. Caro war ganz schön aufgeregt, denn es war ihr erstes und mein zweites mal auf einem Pferd. Wir scheinen Naturtalente zu sein, denn die Pferde trotteten folgsam dem Chef-Cowboy "Wrangler" Baba hinterher. Meine einzige Aufgabe: "Dein Pferd ist ein fauler Sack, wenn er zu langsam geht, hau ihm fest auf den Arsch."

Es folgte ein sehr leckeres hausgemachtes Abendessen im Familystyle, soll heissen wir saßen an zwei großen Tischen im Saloon und teilten uns das Essen aus großen Schüsseln. Wir trafen hier witzigerweise auch auf Valentin, der kommt aus Manching, 20km von Pfaffenhofen entfernt. Am Abend lauschten wir Luke, dem Cowboy, der schneller Gitarre spielt als sein Schatten, wie er uns mit großkrempigen Hut, buschigem Schnauzer und whiskeyverbrauchter Stimme Wild-West-Balladen mit seiner Gitarre sang. Ein paar wenige davon, haben wir sogar von unserer Country-Playlist aus Kanada wiedererkannt. 

Wie soll es anders sein, danach folgte die Cowboy-Grundausbildung im Lagerfeuer-sitting und Marshmallow-brating. 
 

Tag 2 unseres Cowboy-Camps: Wir wurden vom Geheul eines einsamen Coyoten geweckt.

Bei den zwei Ausritten, die wir heute schon unternommen haben, zeigten sich bereits erkennbare Fortschritte: Ich konnte meine beiden Mustangs Blue und Duke erfolgreich davon abhalten, alle drei Meter zum Grasen stehen zu bleiben. Obwohl mir versprochen wurde, dass Duke ein "Autopilot-Pferd" sei, brauchte es strenge Zügel und harte Hacken um ihn in der Spur zu halten. Ich war sehr erstaunt, welche engen und steilen Steige unsere Pferde beim Ausritt überwinden mussten, bei denen es auch teilweise einige Meter seitwärts bergab ging.

Caro verstand sich mit ihrem Hengst Cash, der immer als letzter reiten will (wo es für den Reiter am staubigsten ist), blindlings, deshalb konnte sie sich auch lang und breit mit dem zweiten Wrangler Zack unterhalten. Neben vielen Cowboy-Geschichten erfuhr sie auch, dass die Pferde alle starke Charaktere sind und die Reit-Reihenfolge der Pferde und deren Reiter handverlesen werden müssen, wie die Sitzordnung auf einer Hochzeit. 
Zwar stand Lassowerfen noch nicht auf dem Programm, mir wurde jedoch gesagt, dass es hier einen Lasso-Dummie gibt und einen Cowboy, der es mir beibringen kann. Ich bin gespannt!
Bisher ist unsere Longhorn-Herde noch vollzählig beisammen. Was bestimmt daran liegt, dass wir so fleißig und kompetent mit unseren treuen Trabern um sie rumtrotten.   


Dixie Dude Ranch - where the Dudes range

10.10.24

Caro

Was ein Leben hier! 

Wenn die Sonne hinter den Hügeln aufgeht, stehen wir auf, wenn uns heiß ist, springen wir in den Pool. Morgens und nachmittags reiten wir durchs Gelände und sagen Hallo zu den Longhorns, den Ziegen, Schweinen und Rehen und was sonst noch alles rumläuft. Sogar ein Armadillo haben wir schon gesehen! Reiten ist ganz einfach hier, das Pferd tut so, als ob es einen Unterschied macht, was ich da oben treibe und ich tu so, als ob ich genau dahin wollte, wo das Pferd hinläuft. Perfekte Harmonie;) Wenn die Glocke läutet, strömen wir zu den Esstischen und genießen das leckere Essen. Wenn die Sonne untergegangen ist, versammeln wir uns ums Lagerfeuer oder two-shuffeln in der Cowboybar im nächsten Ort (20 Meilen weg). Mittendrin lernen wir das Lasso werfen, Cowboy-Lieder oder Bullenreiten. Die Wrangler hier haben soviel zu erzählen und sind so herrliche Originale. 
Jetzt kommen einfach noch tausende Bilder, die zeigen, wie herrlich es hier ist.